Vom Zurückkehren und Aufarbeiten: Sprecherin Marion Elskis im Interview zu "Furchen und Dellen"

In ihrem neuen Roman Furchen und Dellen, der bei GOYA erscheint, erzählt Ela Meyer die Geschichte von alten Freund*innen, von einer Rückkehr und vom Aufwühlen tiefsitzender Emotionen einfühlsam, authentisch und mit genau der richtigen Prise Humor. Dabei nennt die Autorin die Dinge beim Namen und widmet sich wichtigen Themen wie Feminismus und Familienmodellen. Das gleichnamige Hörbuch erscheint als digital only bei GOYALiT und wird von Marion Elskis interpretiert. Im Interview spricht sie darüber, was sie an dem Roman besonders beeindruckt und beschäftigt hat.

Was waren deine ersten Assoziationen, als du den Titel Furchen und Dellen gelesen hast?

Bei Dellen denkt man ja an Obst, an Autos mit Dellen. Und bei Furchen habe ich an Straßen gedacht, wenn der Regen da so durchfließt in diesen Furchen, die vielleicht durch ein Unwetter entstanden sind. Und dann, im übertragenen Sinne, bei den Menschen an Beulen, an Verletzungen, an Narben, die das Leben und das Älterwerden so mit sich bringen. Ja, das waren meine Assoziationen.

Furchen und Dellen behandelt viele Themen: gesellschaftliche Erwartungen an Frauen, Kinderwunsch und gewollte Kinderlosigkeit, unterschiedliche Familienmodelle und Feminismus. Welcher Aspekt der Geschichte hat dich besonders beschäftigt?

Tatsächlich war mir gar nicht so bewusst, dass sich Frauen, die keine Kinder bekommen, ausgegrenzt fühlen, weil von ihnen erwartet wird, dass sie Kinder bekommen. Mich hat auch das Thema beschäftigt, dass man immer funktionieren muss in dieser Gesellschaft. Ich habe damals ins Poesiealbum schreiben müssen: "Lerne, leiste, spare was, dann kannste, biste, haste was." Das war so ein typischer Spruch, dass man, wenn man nicht mehr funktioniert, nichts wert ist. Deswegen hatte mich zum Beispiel auch in der Corona-Zeit gekränkt, dass die Kunst nicht systemrelevant ist. Mit welchem Recht? Was wären wir alle ohne Kunst? Und das Thema Freundschaft im Roman ist spannend–diese drei besten Freundinnen, Chris, Antonia und Doro, die sich verloren haben. Wie das schmerzt, wenn diese tiefe Freundschaft, die mal irgendwann in den Kindertagen entstanden ist, dann zerbricht, das hat auch viel mit mir zu tun.

Die WG-Bewohner*innen in dem Roman zeigen auf, dass es neben der traditionellen Kernfamilie auch viele weitere, selbst gewählte Familienformen geben kann. Was ist deine persönliche Definition von "Familie"?

Natürlich erst einmal das "Klassische": Vater, Mutter, Kinder, Großeltern, und die größere Erweiterung an Familie, an Verwandtschaft. Aber ich fand das hier ganz spannend, auch den Gedanken: Warum gibt es eigentlich immer nur zwei Personen, die erziehungsberechtigt sind? Vater und Mutter, oder zwei Frauen, oder zwei Männer. Warum kann man nicht sagen, man öffnet das und sagt: "Das Kind kann auch drei oder vier Erziehungsberechtigte bekommen, Hauptsache sie lieben das Kind und sind für das Kind da." Das würde auch alleinstehenden und einsamen Menschen die Möglichkeit geben, in einer Familie zu sein. Ich finde das sehr spannend.

Wie würdest du den Charakter der Protagonistin Chris beschreiben? Gibt es eine Eigenschaft an ihr, die dir besonders gut gefällt?

Was mir besonders gut gefällt, ist, dass sie so weltoffen ist. Sie ist zwar unsicher, aber trotzdem für alles offen. Sie ist aufbrausend, sie ist heimatverbunden, sie ist sehr treu. Sie ist mir sehr sympathisch, das ist gut!

Gibt es eine Stelle in der Geschichte, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist, und wenn ja, welche ist es und was macht diese Stelle so eindrücklich?

Es gibt zwei Stellen. Die eine ist gleich am Anfang. Der Opa stirbt. Und alle um ihn herum – das ist so ein schönes Bild – begleiten ihn, bis er wirklich sanft entschläft. Und die andere ist ganz das Gegenteil, wenn alle so ausrasten in der Küche und über die Stränge schlagen und sich mal eben nicht an die Regeln halten. Der kleine Linus klatscht sein Marmeladenbrot an die Wand, da entsteht ein roter Fleck. Dann holt Chris die Farben ihres Opas, die sie nie anrühren durfte, und dann klecksen sie in der ganzen Küche rum und malen, und es kommt auch noch der Vater dazu, also Chris' Bruder. Dann malen sie alle und rasten aus. Das ist sehr lustig und sehr schön geschrieben.

Ela Meyer

Furchen und Dellen

Der Tod ihres exzentrischen Großvaters bringt Chris' Leben ordentlich durcheinander. Um Abschied zu nehmen, kehrt sie in die Kleinstadt zurück, in der sie aufgewachsen ist, aus der sie jedoch vor über sechs Jahren Hals über Kopf geflohen ist ...

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Ela Meyer

Furchen und Dellen

Der Tod ihres exzentrischen Großvaters bringt Chris' Leben ordentlich durcheinander. Um Abschied zu nehmen, kehrt sie in die Kleinstadt zurück, in der sie aufgewachsen ist, aus der sie jedoch vor über sechs Jahren Hals über Kopf geflohen ist ...

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