Im Folgenden geben wir einen
Überblick über die wissenschaftliche Sicht auf Empathie.
Empathie und Mitgefühl sind
wichtige soziale Kompetenzen – die aber nicht miteinander verwechselt werden
dürfen! Wie eine Professorin für Soziale Neurowissenschaften in einem Interview mit
der Techniker Krankenkasse erklärt, ist Empathie "die Fähigkeit zur
emotionalen Resonanz, also die Fähigkeit, mit den Gefühlen des anderen
mitzuschwingen." Wenn eine andere Person traurig ist, ist man mit ihr
traurig, freut sie sich, freut man sich auch. Mitgefühl bezieht sich nur auf
das Leiden anderer Menschen, ist aber wiederum nicht mit Mitleid zu verwechseln.
Wer mitfühlt, empfindet positive Emotionen wie Fürsorge und Zuwendung und hat
eine starke Motivation, dem*der anderen zu helfen.
Bereits im Alter von 18
Monaten können Kinder Mitgefühl für andere Menschen zeigen. Das konnten Forscher*innen
der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) im Rahmen einer Studie
nachweisen. Anhand der Mimik oder Äußerungen der Kinder war zu erkennen, dass
sie vom Leiden anderer Menschen berührt wurden. Aus psychologischer Sicht sei
das ein wichtiger Entwicklungsschritt, so die Wissenschaftler*innen. Alle
Ergebnisse der Studie können in der dazugehörigen Mitteilung der
LMU nachgelesen werden.
Und wie sieht es mit der
Hilfsbereitschaft aus? Auch das klappt schon im Kleinkindalter, wie
Wissenschaftler*innen vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre
Anthropologie zeigen konnten. Es gibt aber eine Einschränkung: Wie die Versuche
mit Dreijährigen zeigten, waren die Kinder nur bereit, Erwachsenen zu helfen,
wenn diese zuvor auch anderen geholfen hatten. Erwachsenen, die zuvor anderen
bewusst geschadet hatten, halfen die Kinder nicht. Alle Informationen über die
Studie zur Entwicklung von Moral bei Kindern gibt es in einem Artikel der
WELT.
Gerade Kleinkinder im Alltag
mithelfen zu lassen, kann aber mitunter Nerven kosten: Alles dauert länger und
die Kinder könnten sich gegebenenfalls verletzen. Doch wenn Kinder unbedingt
helfen wollen, sollte man sie nicht immer bremsen, wie ein Artikel von
FOCUS online erklärt. Zur Gemeinschaft beizutragen, sei ein Grundbedürfnis. Und
wenn Kinder ständig nicht mithelfen dürften, entstehe bei ihnen das Gefühl,
nicht in der Lage zu sein, einen wertvollen Beitrag für die Gemeinschaft
leisten zu können. Wenn Kinder Aufgaben im Alltag, auch wenn sie zunächst nur
klein sind, übernehmen dürfen, lernen sie außerdem, Tätigkeiten im Haushalt
nicht als Last zu empfinden. Arbeit muss schließlich nicht (immer) etwas sein,
das Menschen nicht gerne tun.
Empathie ist entscheidend
für das gesellschaftliche Zusammenleben. Diesen Standpunkt vertrat der
Psychoanalytiker Arno Gruen zeit seines Lebens. "Ohne Empathie keine
Demokratie" – diesen Satz hat Gruen geprägt. Er wurde 1923 als Sohn
jüdischer Eltern in Berlin geboren. Die Gestapo verfolgte und bedrohte die
Familie, die daraufhin, 1936, in die USA emigrierte. In seiner Forschung
stellte Gruen eine Verbindung zwischen dem Mangel an Empathie und den
Verbrechen der Nationalsozialist*innen und anderer autoritätshöriger
Gewalttäter*innen her. Wer zu Verbrechen wie denen, die die Nazis begangen
haben, fähig sei, habe zu wenig Liebe und Mitgefühl erfahren, soll Gruen stets
betont haben, wie die taz in einem Nachruf auf
den 2015 verstorbenen Psychoanalytiker schreibt. Arno Gruen sah die Politik in
der Pflicht, etwas zu unternehmen – ein Anliegen, das angesichts des
erstarkenden Rechtsextremismus aktueller denn je ist. Ähnliche Forderungen wie
die Gruens gibt es auch heute noch, wie etwa ein bei fr.de
erschienener Artikel zeigt. Darin spricht sich eine Erziehungswissenschaftlerin
dafür aus, Empathie auch in der Schule gemeinsam mit politischer Bildung zu
vermitteln. Emotionale Kompetenzen, wie Empathie, seien das "Fundament der
Demokratie", so die Expertin.
Weitere bei JUMBO
erschienene (Hör-)Bücher, die sich um Emotionen von Kindern drehen, stellen wir
auf unserem Blog vor. Ein weiteres,
bezauberndes Bilderbuch über Empathie präsentieren wir in diesem Beitrag. Und ein weiterer Blog-Beitrag dreht sich um die Kraft
des Teilens – und das dazu passende Bilderbuch.