Im Interview mit Ove Thomsen zu seinem Kinderbuchdebüt "Regen im Kopf" / "Regen in'n Kopp"

Andreas Hornoff
© Andreas Hornoff
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Im Bilderbuch-Debüt des bekannten Hamburger Liedermachers Ove Thomsen für Kinder ab 5 Jahren wird Achtsamkeit kindgerecht thematisiert. Und Gürteltier Guschi und Ameisenbär Gunnelt sind die beste WG im ganzen Regenwald. Im Interview stellt sich der Autor den Fragen des JUMBO Verlags.

Warum schreibt jemand so fröhliches wie Du ein Buch über einen traurigen Ameisenbären?

Ich würde schon sagen, dass ich eine Frohnatur bin, aber ja - natürlich auch nicht durchgehend. Ich habe auch meine Tiefs und gerade dann brauche ich etwas, um diese Unsicherheiten zu kanalisieren. Da kommen mir dann auch eher schwermütige Themen in den Kopf und so war das damals auch, als Regen im Kopf entstanden ist.

Wolltest Du von Anfang an ein Kinderbuch schreiben?

Nein, das ist mir alles irgendwie so zugeflogen (lacht). Das erste Skript ist schon ca. zwölf Jahre alt; das habe ich damals alleine im Urlaub geschrieben und da ist dann ganz lange nichts mit passiert. Das war mir damals aber auch alles noch zu "kleinkindhaft". Es gab da z. B. eine Figur, die hieß der "Erdbär". Dann habe ich das ganz lange aus den Augen verloren und während des Lockdowns habe ich dann sehr viel aufgeräumt und hatte ganz viel Zeit, mich damit zu beschäftigen. So ist es dann dazu gekommen. Und ich bin ganz froh, dass mein Kumpel Melf Petersen auch Feuer und Flamme für meine Geschichte war. Und so sind wir das Projekt Regen im Kopf zusammen angegangen.

Warum Regenwald, warum Reetdach und wie geht das zusammen?

Einerseits fand ich, dass dadurch, dass im Regenwald ein Reetdachhaus steht, gleich von Anfang an klar ist, dass es sich um eine ausgedachte Geschichte handelt. Andererseits kriegt man durch das Reetdachhaus auch noch mal so eine nordische Note in den Dschungel und das mochte ich auch.

Wie bist Du auf die Namen der Figuren Gunnelt und Guschi gekommen?

Da hat mich ein Roman von John Irving inspiriert, ich weiß gar nicht mehr, welcher das war, tatsächlich. Da gab es einen Namen, der so ähnlich klang. Gunnelt – das klingt norddeutsch, obwohl es diesen Namen nicht gibt. Aber ich mag, wie der Name klingt. Zu Guschi hatte ich auch eine sehr schöne Konnotation: Irgendwie klingt Guschi wie eine Umarmung für mich. Deshalb wollte ich gerne, dass die beiden Gunnelt und Guschi heißen.

Warum ist Gunnelt ein Ameisenbär geworden?

Gunnelt ist ein Ameisenbär geworden, weil ich den sehr sympathisch fand mit seiner langen Nase und seiner langen Zunge. Auch wie der so läuft und wie der sich fortbewegt - da dachte ich: Das ist genau meine Figur! Außerdem wollte ich eine Figur finden, die es in Kinderbüchern noch nicht so oft gibt und ich fand den super spezial. Dieses Trottelige, das der Ameisenbär ausstrahlt, verbindet man ja auch so ein bisschen mit der plattdeutschen Sprache. Aber ich fand das einenguten Gegensatz, weil das Thema des Buches ja schon etwas schwermütiger ist. Und dass der auch mal Regen im Kopf haben kann und schwermütig durch den Dschungel geht. Der Ameisenbär hat sich da ganz gut eingefügt in dieses ganze Dschungel-Bild. Er kommt ja auch in echt im Dschungel vor und ich glaube, wenn man sich nur in seinem natürlichen Habitat bewegt, kann man betriebsblind werden. Hätte ich jetzt einen Seehund genommen, wäre das ein bisschen komisch gewesen.

Welche Rolle hat Guschi in der Geschichte?

Guschi hat die Rolle einer emanzipierten Freundin, die Gunnelt immer mit Rat und Tat zur Seite steht und die für ihn auch wie eine Umarmung ist.

Regen im Kopf - ist das eine Anlehnung an Honig im Kopf von Till Schweiger?

Nein, aber man hat mich auf diese Parallele hingewiesen. Es hat beides überhaupt nichts miteinander zu tun. Wobei ich es nicht genau weiß, denn ich habe den Film nicht gesehen.

Wie bist Du auf den Titel Regen im Kopf gekommen?

Ich wollte dieses ganze bedrückende Gefühl im Dschungel zusammenfassen. Diese hohe Luftfeuchtigkeit im Dschungel und das gesamte Umfeld; alles ist so wuselig und bunt und überfordernd. Das ist im Grunde genommen Gunnelts Umfeld und das schlägt sich bei ihm im Kopf als Regen im Kopfnieder.

Was ist denn genau mit Regen im Kopf gemeint?

Regen im Kopf kann von einfacher Überforderung über Burnout bis hin zu depressiven Episoden alles sein. Es ist nicht genau festlegt. Manchmal ist es auch ein Mix aus allem. Ich möchte, dass sich jeder Mensch darin wiederfinden kann. Mir ist wichtig, dass die Sorgen und Bedrückungen jeglicher Art auch schon im Kindesalter ernst genommen werden und nicht bloß als schlechte Laune abgetan werden. Hier geht es nicht um einen kleinen Nieselregen, sondern, wie Gunnelt schon sagt, um "dicke, schwere Tropfen".

Warum erscheint Regen im Kopf auch auf Plattdeutsch?

Mir ist es ein wichtiges Anliegen, mit dem Buch zum Erhalt der plattdeutschen Sprache beizutragen. Außerdem hat Platt ja auch immer sowas von "Kloenschnack auf dem Deich" und das wollte ich mit einem schwermütigeren Thema wie in Regen im Kopf gerne auffächern.

Welche Herausforderungen gab es bei der Übersetzung der Geschichte ins Plattdeutsche?

Ich muss sagen, an die Sache bin ich recht naiv herangegangen. Ich war davon überzeugt, ich könnte die Geschichte einfach so aufschreiben, wie ich Plattdeutsch spreche. Aber das war gar nicht so leicht. Man musste sich auf eine Schreibweise einigen, so mit Doppel-"a", Doppel-"o" - da gibt es so viele Varianten. Und als ich mich dann auf eine Schreibweise festgelegt hatte, musste ich noch mal gucken, dass alles durch den - ich nenne es mal "Medialplatt-TÜV" - kommt. Das bedeutet, alles ist so geschrieben, dass es nicht nur in Nordfriesland verständlich ist, sondern auch in Hamburg und Niedersachsen usw. Da musste ich viel mit dem Sass-Plattdeutsch-Wörterbuch arbeiten. An dieser Stelle möchte ich auch noch mal Danke an Peter Nissen sagen, der mir bei der Übersetzung ins Plattdeutsche sehr geholfen hat.

Hast Du ein Lieblingswort oder eine Lieblingsredewendung auf Platt?

Ja! "Jümmers mit de Roh un allens nah de Reeg", das hat nämlich meine Oma schon immer gesagt und das ist in meinem Leben ein guter Leitsatz.

Magst Du das für uns einmal übersetzen?

Ja, also "Immer mit der Ruhe und alles der Reihe nach". Ich kann mich da auch sehr oft nicht dran halten und muss es mir dann immer wieder ins Gewissen rufen. Das ist eigentlich super schlau (lacht).

Wie ist das "Lied für Gunnelt" entstanden?

Ich fand den Gedanken spannend, eine Geschichte mit einem Lied enden zu lassen. Es gibt ja auch oft diese Multimediaideen, nach dem Motto: "Komm, lass uns hier alles ausschlachten!" Das hat sich bei mir aber nun angeboten, weil es genau das eben nicht ist. Es ging so Hand in Hand. Es war Teil der Geschichte und ich mochte auch, dass dieser verrückte Doktor Willi, der überhaupt keine Ruhe ausstrahlt, aber ihm genau dieses Ruhekonzept verschreibt. Dass es nicht dabei bleibt, sondern, dass es sozusagen auch noch eine andere Qualität von dem Doktor gibt. Das finde ich eigentlich auch den wegweisenderen Vorschlag. Man sollte das Herz auf der Zunge tragen. Weil das halt nicht so wie eine Vorschrift von einem Arzt klingt, sondern eher wie eine kleine Lebensweisheit. Es fiel mir leichter, das in einem Song auszudrücken als in einem Rezept. Das Lied ist auch erst auf Plattdeutsch entstanden. "Bregen dien Hart op de Tung" geht auch viel leichter über die Lippen. Ich muss auch sagen, die hochdeutsche Version klingt auch so ein bisschen übersetzt – muss ich ehrlich zugeben.

Was wünschst Du Dir von diesem Buch?

Ich hoffe, dass dieses Buch nicht nur für mich, sondern auch für viele andere Menschen eine kleine Hilfestellung im Alltag sein kann.